Heute nehme ich mir mal etwas Zeit, um unsere Erfahrungen zum Thema „RS-Virus“ und „Pseudokrupp“ niederzuschreiben.

Das ist kein schönes Thema, dafür umso wichtiger. Und gerade weil wir uns selbst in diesen beängstigenden Situationen befanden, weiß ich, wie sehr man das Internet in solchen Momenten nach Erfahrungen und Verläufen durchsucht, dabei allerdings meistens nur über „klassische“ Medizinseiten stolpert. Auf den Seiten fehlen natürlich persönliche und individuelle Erfahrungen. Und aus genau diesem Grund finde ich den heutigen Post so wichtig.

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Bei uns fing alles damit an, dass Tom an 36+0 SSW etwas zu früh zur Welt kam. Aus medizinischen Gründen wurde er sehr spontan per Kaiserschnitt geholt und hatte direkt nach der Geburt leichte Anspassungsschwierigkeiten. Er konnte seine Temperatur nicht halten, sein Blutzuckerspiegel fiel ständig stark ab und er hatte Atemprobleme, weshalb er nicht trinken konnte oder wollte.

Aber das Ganze dauerte zum Glück nur 2-3 Tage und dann ging es (erst mal) radikal bergauf. Nach 5 Tagen in der Klinik durften wir unseren kleinen Tom schließlich mit nach Hause nehmen.

Von da an begann die große Krankheitsgeschichte.

 

Da Tom zwei große Schwestern hat, die in den Kindergarten gehen, blieb es in der kalten Jahreszeit (Tom kam am 17. Janur 2015) natürlich nicht aus, dass sämtliche Viren, Bakterien und Keime mit nach Hause geschleppt wurden.

Natürlich passten Micha und ich ordentlich auf, desinfizierten uns ständig die Hände und versuchten, alles von Tom fernzuhalten. Doch es nützte nichts: Wenn zwei kranke Kinder herumlaufen, die natürlich husten und niesen und alles im Haus anfassen, bleibt es nicht aus, dass sich früher oder später auch der Rest der Familie ansteckt.

Und so lagen wir direkt nach der Geburt zu fünft mit hohem Fieber, starkem Schnupfen, Bronchitis und allem drum und dran flach. Auch Tom hatte starken Husten, Schnupfen und mit seinen paar Lebenstagen bereits eine leichte Form der Bronchitis – trotz des Stillens.

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Wir wurden Stammpatienten bei unserem Kinderarzt. Auf eine Krankheit folgte die nächste. Und als einer gesund war, wurde der nächste krank und dann ging es wieder Reihe um. Es war kaum auszuhalten! Die erste Babyzeit konnten wir kaum genießen, weil wir mehr Sorgen und Ängste hatten als ruhige Minuten und weil es uns selbst überhaupt nicht gut ging.

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Vier Wochen später, um Lottes 3. Geburtstag herum, begann Tom immer schlimmer zu atmen. Er wurde blasser, röchelte, japste, wurde zunehmend schlapper und müder und schlief irgendwann fast nur noch. Zum Stillen musste ich ihn wecken, aber so richtig trank er nicht mehr. Also ging es wieder zum Kinderarzt. Dort wurde die Sauerstoffsättigung in Toms Blut gemessen, die leider schon untere Werte hatte. Unser Kinderarzt tippte auf das RS-Virus und verwies uns ins Krankenhaus.

RS Virus (3)

 

Der Verdacht unseres Kinderarztes wurde im Krankenhaus bestätigt – per Untersuchung, per Schnelltest und zuletzt auch per Bluttest.

Toms Brustkorb zog sich beim Atmen übertrieben stark ein und er war sehr, sehr schlapp und trinkschwach.

Wir wurden stationär aufgenommen, Tom verkabelt und überwacht. Ich musste ihn vor und nach dem Stillen wiegen, ich musste ständig Fieber bei ihm messen, ich musste ihm Nasentropfen geben und ihn mehrmals täglich Kochsalzlösung inhalieren lassen.

Die ganze Zeit über wurde Toms Sauerstoffsättigung im Blut überwacht. Und der Wert fiel nicht selten stark ab. Dann schlug der Überwachungsmonitor Alarm und Schwestern stürmten ins Zimmer.

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Da Tom nur schlief und nicht trank, standen wir kurz vor einer Magensonde. Doch wir – vor allem Tom – kämpften sehr (um das Stillen) und konnten die Magensonde schließlich noch gerade verhindern.

Tom schlief fast nur auf dem Bauch und das sollte er auch, gern auf meinem Oberkörper und etwas hochgelagert. Seine Atmung war so schnappend und japsend und angestrengt – das kann man gar nicht in Worte fassen! Und er war noch so klein noch und zart. Ich hatte solche Angst um ihn!

 

Übrigens kamen Tom und ich in Quarantäne – d.h. wir wurden isoliert, weil dieses Virus absolut ansteckend ist.

Aber was ist eine RS-Virus-Infektion überhaupt und wie bekommt man sie?

RS-Virus ist die englische Abkürzung für „Respiratory Syncytial Virus“. Dieses Virus verbereitet sich vor allem in den nasskalten Wintermonaten und verursacht bei Babys und kleinen Kindern meist eine akute Bronchitis bis hin zur Lungenentzündung. Da die Atmung so anstrengend für die Babys und Kinder wird, kann es passieren, dass diese sogar ganz zu atmen aufhören. Deshalb werden die kleinen Mäuse stationär aufgenommen und überwacht.

Das Virus kann jeden treffen – Lilli, Lotte, Micha und ich waren ebenfalls am RS-Virus erkrankt, doch bei uns löste das fiese Virus nur eine langwierige, unangehme Erkältung aus, ähnlich einer Grippe. Doch Kleinkinder und vor allem Babys erkranken durch das RS-Virus nicht selten sehr schwer. Gerade Frühgeborene oder Kinder mit chronischen Lungenerkrankungen oder Immundefekten sind sehr gefährdet. Und wenn sich zur RS-Virus-Infektion noch Bakterien gesellen, entsteht nicht selten ein lebensbedrohlicher Zustand.

So weit kam es bei Tom zum Glück nicht, aber bei vielen anderen Babys und Kleinkindern auf der Station, auf der wir uns zu diesem Zeitpunkt befanden. Das hatten mir die Schwestern erzählt. Viele Babys und Kleinkinder mussten mehrmals intubiert werden.

 

Schon im Krankenhaus wies man Micha und mich darauf hin, dass Babys und Kleinkinder, die einmal am RS-Virus erkankt waren nicht selten über Jahre mit „Spätfolgen“ zu kämpfen haben. Sie sind meist viel anfälliger für eine Bronchitis, eine Lungenentzündung, Asthma und Pseudokrupp.

Die Söhne einer Freundin hatten auch im frühen Alter eine RS-Virus-Infektion und leiden bis heute unter chronischer Bronchitis und häufigen Pseudokrupp-Anfällen.

Ich hatte trotzdem Hoffnung, dass es bei uns anders verlaufen würde, weil Tom das Virus ja eigentlich recht gut „weggesteckt“ hatte.

 

Immerhin wurden wir schon nach vier Tagen aus dem Krankenhaus entlassen.

Danach quälte Tom sich zwar noch einige Wochen mit leichtem bis mittelstarkem Husten und Schnupfen, war aber im Allgemeinen sehr gut drauf und daher auf einem guten Weg.

 

Doch von diesem Zeitpunkt an war Tom absolut anfällig für alles. Jede Krankheit, die Lilli und Lotte mit nach Hause brachten, packte auch ihn. Egal ob Bindehautentzündung, Husten, Schnupfen, Erkältung oder Mittelohrentzündung.

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Eines Tages wurde einer seiner Husten immer schlimmer. Tom atmete „rauchend“ ein, … es hörte sich ganz komisch an. Und er bekam kaum Luft durch die Nase. Wir gingen zum Kinderarzt, aber es war weder eine Bronchitis noch etwas anderes, nur Schleim in den oberen Atemwegen. Wir sollten abschwellende Nasentropfen geben und ihm viel Ruhe gönnen.

Tagsüber war Tom dann wieder gut drauf – trotz der Erkältung. Doch zum Abend hin wurde seine Atmung immer schlimmer. Ich beruhigte ihn und irgendwann schlief er (vor Erschöpfung) ein. Doch nach zwei Stunden wachte er plötzlich auf – panisch kreischend. Er bekam überhaupt keine Luft mehr! Und weil er keine Luft bekam, brüllte er noch mehr. Wir konnten ihn überhaupt nicht beruhigen. Er versteifte sich, wurde blass und brüllte und brüllte und brüllte – hatte sogar kurze Atemaussetzer. Wir alarmierten sofort den Rettungsdienst, der zum Glück schon nach zwei oder drei Minuten eintraf und Tom mit ins Krankenhaus nahm.

Dort bekam Tom sofort Cortison gespritzt, weil er schon völlig übersäuert war.

Diagnose: Pseudokrupp

Für den nächsten Anfall bekamen wir Rectodelt-Zäpfchen und weitere Medikamente mit nach Hause.

 

Pseudokrupp

 

Kurze Zeit später traf uns der zweite Pseudokrupp-Anfall.

Dass ein weiterer kommen würde, hatten Micha und ich schon fast geahnt, denn Tom brühtete eine neue Erkältung aus und atmete schon wieder sehr röchelnd. Nachts ging es dann los. Wir gaben ihm sofort eines der Zäpfchen, blieben ruhig und versuchten, die innere Ruhe auf den panischen Tom zu übertragen. Und wir gingen raus an die frische Luft.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, in Wirklichkeit ungefähr eine Stunde, bis Tom sich irgendwann japsend beruhigte und zurück in den Schlaf fand.

Am nächsten Abend begann es genauso. Dieses Mal gaben wir vorbeugend ein Zäpfchen und konnten dadurch einen weiteren Anfall verhindern. Tom schlief trotzdem die halbe Nacht eingemullert in einer Decke mit Micha draußen, weil er drinnen wesentlich schwerer Luft bekam.

 

Lotte und Tom

 

Wir sind wirklich froh, dass es Tom eigentlich sehr gut geht. Trotz allem, was er in seinen neun Lebensmonaten schon durchmachen musste. Aber die Pseudokrupp-Anfälle waren jedes Mal – vor allem das erste Mal, als man noch nichts darüber wusste – ein großer Schreck.

Das Schlimmste an einem Pseudokrupp-Anfall ist, dass wir Tom nicht erklären können, was los ist. Und er bekommt dann so eine furchtbare Panik, dass alles nur noch schlimmer wird. Ein Teufelskreis.

Wir wissen nun, dass wir ganz viel Ruhe bewahren müssen, um diese Ruhe auf ihn zu übertragen. Und dass wir sofort ein Zäpfchen geben müssen, wenn sich ein weitere Anfall ankündigt. Außerdem hilft frische kalte Luft (Kühlschrank, Gefrierschrank, Garten) und verschafft meist schnelle Linderung. Denn jede Form von Kälte wirkt abschwellend auf die Atemwege.

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Wenn man so einen Anfall einmal erlebt hat, kann man nachempfinden, wie erschreckend Pseudokrupp sein kann. Aber man wird ruhiger, wenn man weiß, was zu tun ist.

Ich hoffe, dass unsere Erfahrungen anderen Eltern helfen können und wäre dankbar, wenn ebenfalls Betroffene ihre Erfahrungen in Form eines Kommentars hinterlassen!

Danke.

Alles Liebe, eure Mari

 

Nachtrag: Wie geht es Tom jetzt, 3 Jahre später?

Es ist jetzt über 3 1/2 Jahre her, dass wir mit Tom ins Krankenhaus mussten. Sein Pseudokrupp hat sich stetig verbessert. Wir hatten in den letzten Wintern einen Luftbefeuchter für ihn im Zimmer (diesen https://amzn.to/2zYHPmn, da er keimfrei ist), was ihm unserer Meinung nach sehr geholfen hat. Wir haben versucht, auch in der Heizperiode die Luftfeuchtigkeit auf etwa 50 – 60 % zu halten, damit seine Atemwege nicht belastet werden. Bis er 2 Jahre alt war, hatten wir noch gelegentlich, aber selten die Situation, dass wir ihm ein Cortison-Zäpfchen geben mussten. Meistens dann, wenn er eine Erkältung hatte und es sich schon am Abend ankündigte, dass er Atemprobleme hatte. Ab seinem dritten Geburtstag mussten wir mit ihm weder inhalieren, noch sonstige Medikamente geben. Wir hatten kein einzigen Pseudokrupp-Anfall mehr und haben in seinem Zimmer auch keinen Luftbefeuchter mehr.

Uns wurde damals von den Ärzten gesagt, dass er wahrscheinlich dauerhaft anfälliger für Infekte sein würde, aber wir können inzwischen keinen Unterschied mehr zu seinen Schwestern feststellen. Bei uns hat sich also alles zum Positiven gewandelt! Ich hoffe, dass das bei allen anderen Betroffenen auch so sein wird!