HPV ist ein Begriff, der mir erstmalig bei dem Blick auf den Impfkalender ins Auge sprang. Doch was sind Humane Papillomviren (HPV) eigentlich? Welche HPV-bedingte Krankheiten gibt es und vor welchen kann man sich schützen?

Als Eltern tragen wir diesbezüglich nicht nur die Verantwortung für uns selbst, sondern auch für unsere Kinder. Jeder von uns möchte das Beste für sein Kind und gerade deshalb ist es so wichtig über verschiedene Krankheiten und deren Schutzmöglichkeiten aufzuklären. Gesundheit ist wichtig und noch wichtiger ist es, darüber zu sprechen.

Fast jeder Mensch kommt im Laufe seines Lebens mit HPV in Kontakt und jedes Jahr erkranken circa 6250 Frauen sowie ca. 1600 Männer an HPV-bedingten Tumoren.

Aus diesem Grund möchte ich euch heute – zusammen mit Sandra Kottmann, einer Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, die zu unserem Bekanntenkreis zählt, als auch in Zusammenarbeit mit www.entschiedengegenkrebs.de über die Humanen Papillomviren (HPV) aufklären.

Weil ich selbst keine Ärztin bin, habe ich mir diesbezüglich fachliche Unterstützung geholt und ein Interview über HPV und möglichen Vorbeugemaßnahmen mit Sandra Kottmann geführt. Auf diese Weise hoffe ich, euch möglichst detailliert aufzeigen zu können, was HP-Viren überhaupt sind, welche Folgeerkrankungen sie auslösen können und welchen Schutz eine mögliche HPV-Impfung bieten kann.

Außerdem möchte ich am Ende des Posts noch mal auf das Thema Impfen im Allgemeinen eingehen und euch ein paar Tipps dazu mit auf den Weg geben.

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Über die Impfung gegen HPV

Interview Baby, Kind & Meer mit Sandra Kottmann, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe

Hallo Sandra, zunächst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen zu diesem wichtigen Thema für uns zu beantworten! Darüber freue ich mich sehr! Vielleicht magst du dich zuerst einmal vorstellen?

Hallo! Mein Name ist Sandra Kottmann. Ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und habe zwei Töchter. Ich bin Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und arbeite in einer Praxis für gynäkologische, ambulante Operationen in Aachen. Eines meiner Haupttätigkeitsfelder dort ist die Abklärung und Behandlung auffälliger Befunde am Gebärmutterhals. Wobei wir schon beim Thema wären, denn die werden meistens durch bestimmte HP-Viren ausgelöst.

Aerztin Sandra Kottmann

Sandra Kottmann, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe

Das Thema, um das es hier geht, ist HPV. Aber was sind HP-Viren überhaupt? Wie werden sie übertragen und wann können daraus bestimmte HPV-bedingte Krebsarten entstehen?

HPV seht für Humane-Papillom-Viren. Damit wird eine Gruppe von DNA-Viren zusammengefasst, zu der mehr als 200 verschiedene Typen gehören. HP-Viren werden in erster Linie über intime Haut- und Körperkontakte wie beim Küssen, Streicheln oder Petting und natürlich auch beim Sex übertragen. Die Durchseuchung der Bevölkerung ist sehr hoch. D.h. fast alle sexuell aktiven Menschen infizieren sich mindesten einmal in ihrem Leben mit HPV. Eine Infektion verläuft in der Regel völlig symptomlos. Also ist es so gut wie unmöglich zu erkennen, ob der Partner/die Partnerin HPV positiv ist oder eben nicht.

HP-Viren werden in zwei Gruppen unterteilt: die Niedrigrisikotypen die z.B. Genitalwarzen (=Feigwarzen/Condlyome) auslösen können, und die Hochrisikotypen. Bestimmte Hochrisiko-Typen sind DIE Ursache für Gebärmutterhalskrebs.

Wie machen die Viren das? In der Regel wird der Virus durch unser Immunsystem bekämpft und eine Infektion mit HPV ist nach 1-2 Jahren verschwunden. Die Hochrisikotypen aber sind dafür bekannt, ein hohes Aggressionspotential zu haben und in den Zellen zu bleiben. Die Viren, die bleiben, können Veränderungen in den Zellen auslösen. Sie können entarten und beginnen dann irgendwann unkontrolliert zu wachsen. Das passiert bei ca. 10% der Infektionen am Gebärmutterhals. Wir Frauenärztinnen erkennen das im Rahmen der Krebsvorsorge, wenn der sogenannte PAP Abstrich auffällig wird. Behandelt man diese Veränderungen nicht frühzeitig wird in bis zu 50% der Fälle ein bösartiger Befund daraus. Das passiert allerdings nicht in ein paar Wochen. Der Virus braucht dafür 10 -30(!) Jahre.

Wie bereits erwähnt ist die HPV-Impfung eine mögliche Vorbeugemaßnahme gegen bestimmte HPV-bedingte Erkrankungen. Doch bevor man überhaupt darüber diskutieren kann, ob man sie in Anspruch nimmt, wäre es vorab interessant zu wissen, worum es sich bei der Impfung genau handelt. Magst du die Impfung für uns einmal zusammenfassen? Was ist die HPV-Impfung genau? Wie oft muss man geimpft werden und ab welchem Alter? Wie lange hält der Impfschutz an und ist nach der Impfung sichergestellt, dass man nicht an bestimmten HPV-bedingten Krebsarten erkranken kann?

Eine HPV-Impfung kann je nach verwendetem Impfstoff vor bestimmten HP-Virustypen schützen. Es gibt dabei mehrere verschiedene HPV-Impfstoffe. Alle Impfstoffe wirken auf die gleiche Weise: Sie enthalten Eiweißstoffe, die der Virushülle entsprechen. Sie lösen keine Infektion aus, aber eine Abwehrreaktion, so dass vom Körper Antikörper gebildet werden.

Die STIKO empfiehlt die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen ab 9 Jahren bis zum Alter von 14 Jahren. Bis zum Tag vor dem 18. Geburtstag sollte die Impfung noch nachgeholt werden, idealerweise vor Beginn sexueller Aktivität. Je jünger die Kinder, desto besser ist die Immunantwort, d.h. auch wenn man denkt, dass 9 Jahre reichlich früh ist, spricht die bessere Immunantwort für eine möglichst frühe Impfung. Im Alter von 9 bis einschließlich 14 Jahren wird zweimal, in einem Abstand von 5-13 Monaten geimpft. Bei Jugendlichen ab einem Alter von 15 Jahren ist eine dritte Impfung notwendig. Auch wenn es schon zu ersten sexuellen Handlungen gekommen ist, kann eine Impfung trotzdem sinnvoll sein. Denn selbst wenn man sich mit einem der Viren angesteckt hat, kann die Impfung noch Schutz vor den anderen im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen bieten.

Die HPV-Impfung gibt es seit 2006. Wie lange der Schutz genau vorhält, weiß man zurzeit noch nicht. Es gibt Daten, die gezeigt haben, dass auch 12 Jahre nach der Impfung die geimpften Mädchen/Frauen noch einen ausreichenden Schutz haben, und bisher in Studien keine Hinweise auf eine Abnahme des Impfschutzes festgestellt wurde.

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Die Impfung wird für Mädchen und Jungs empfohlen. Worin liegt der Unterschied? Vor welchen Krebsarten kann sie Mädchen schützen, vor welchen Jungs?

Es gibt keinen Unterschied im Impfschema und dem Wirkstoff bei der Impfung von Jungen und Mädchen. Bestimmte Humane Papillomviren können bestimmte Krebsarten im Genitalbereich auslösen. Die Impfung kann je nach verwendetem Impfstoff bestimmten HPV-bedingten Erkrankungen vorbeugen, wie zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs, Scheiden- und Schamlippenkrebs und deren Vorstufen bei Mädchen bzw. Frauen sowie Analkrebs und Genitalwarzen bei beiden Geschlechtern.

Wie verträglich ist die HPV-Impfung? Wie können wir uns außer der Impfung zusätzlich vor HP-Viren schützen?

In der Regel gilt die HPV-Impfung als gut verträglich. Sie wird in die Muskulatur des Oberarms gespritzt. Es kann vorkommen, dass man in den Tagen nach der HPV-Impfung an der Einstichstelle eine Rötung oder Schwellung bemerkt oder dort Schmerzen hat. Manchmal kann es auch zu einer Temperaturerhöhung, Übelkeit, Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit kommen. Dies ist für eine Impfung ganz normal. In Deutschland wird die Impfsicherheit durch das Paul Ehrlich Institut überwacht, international z.B. durch eine Kommission für Impfsicherheit der WHO. Seit 2007 sammeln und bewerten beide Behörden Daten zur Sicherheit der HPV-Impfung und kamen zum dem Schluss, dass keine schweren unerwünschten Wirkungen gemeldet wurden, die ursächlich in Zusammenhang mit der HPV-Impfung standen. Eine Alternative zur Impfung, die einen gleichwertigen Schutz bieten kann, gibt es nicht. Kondome schützen nur bedingt, da der Virus auch in der Haut bzw. Schleimhaut des Vaginal/Analbereichs sitzen kann. Ein sorgsamer Umgang mit Sexualität und Monogamie kann helfen. Letztendlich ist es tatsächlich so: Viele unterschiedliche Partner = höhere Wahrscheinlichkeit sich mit unterschiedlichen HP-Viren anzustecken.

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Wer führt die HPV-Impfung durch?

Sinnvoll ist die Impfung durch die Kinderärztin oder den Kinderarzt, wenn man sich zu einer frühen Impfung ab 9 Jahren entscheidet. Sie/Er kennt euer Kind und hat in der Regel bereits alle vorangehenden Impfungen bereits durchgeführt. Aber auch Hausärzte und -ärztinnen sowie Frauenärzte und -ärztinnen impfen. Das wäre z. B. eine sinnvolle Alterative, wenn die Kinder bereits älter sind und der Gang zum Kinderarzt oder der Kinderärztin „uncool“ wird.

Werden die Kosten der HPV-Impfung von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen?

Ja, da es für Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 17 Jahren eine klare STIKO Empfehlung gibt.

Wie und wo kann ich mehr über die HPV-Impfung und mögliche Folgeerkrankungen erfahren und mich bei Bedarf ausführlich beraten lassen?

Eure Ärzte oder Ärztinnen sind gute Ansprechpartner, sicher auch eure Kinderärzte und -ärztinnen. Wenn Ihr euch näher informieren möchtet, ist die Website des Robert Koch Instituts sehr empfehlenswert. Dort werden die wichtigsten Fragen kurz und verständlich beantwortet. Auch das Paul Ehrlich Institut (Impfsicherheit) ist eine gute Adresse. Weitere Infos erhaltet ihr auf der Website www.impfen-info.de der BZgA.

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Und zu guter Letzt: Möchtest du noch etwas Persönliches zu diesem Thema loswerden? Welche Tipps und Ratschläge möchtest du Eltern und ihren Kindern mit auf den Weg geben?

Mir liegt das Thema HPV sehr am Herzen. Ich habe in meiner Zeit im Krankenhaus Patientinnen begleitet, die an Gebärmutterhalskrebs erkrankt sind. Und wirklich, wirklich furchtbare Verläufe gesehen. Patientinnen, denen man irgendwann hilflos beim Sterben zusehen musste. Vielleicht gibt es auch einige unter euch, die mal eine Konisation hatten. Das ist ein vergleichsweiser kleiner operativer Eingriff am Gebärmutterhals, der bei Vorstufenerkrankungen gemacht wird. Es ist die OP, um Vorstufenerkrankungen am Gebärmutterhals zu beseitigen, aus denen ein Krebs werden könnte. Aber auch diese Art der OP ist nicht völlig harmlos, sie kann in der Schwangerschaft zu Gebärmutterhalsverkürzungen und damit zu Frühgeburten führen.

Habt ihr Jungs und denkt „Na, ja, Analkrebs, wie selten ist das? Dafür lohnt sich die Impfung doch nicht.“ DOCH tut sie. Denn eure Jungs haben eines Tages erste intime Kontakte mit Mädchen oder anderen Jungs und können andere anstecken. Und es ist nicht fair, sich auf den Impfschutz anderer zu verlassen.

Ich bin ein absoluter Impfbefürworter, nicht nur bei HPV. Impfen ist sehr wichtig. Eine HPV-Impfung verleitet eure Kinder nicht zu einem ausschweifenden Sexualleben. Wenn ihr Kinder im Teenie-Alter habt und es euch bzw. euren Kindern vielleicht schwerfällt, das Thema Sex anzusprechen, gibt es Ärzte und Ärztinnen, die extra Mädchen- und Jungensprechstunden anbieten. Ohne Untersuchung. Und die Schweigepflicht gilt auch den Eltern gegenüber.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich für deine Zeit und das ausführliche Interview bedanken, liebe Sandra!

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Impfen bedeutet gemeinsames Denken

Jeder von uns kann für sich selbst entscheiden, ob er sich und sein Kind impfen lassen möchte oder nicht. Bei alledem sollte aber niemals vergessen werden, dass diese Entscheidung letztlich nicht nur einen selbst als Entscheidungsträger betrifft, sondern auch alle Menschen im Umfeld. Infektionskrankheiten können sich rasch verbreiten, wenn Impfungen ausbleiben. Wer bisher „Glück“ hatte, ohne Impfschutz an noch keiner schwerwiegende Infektion erkrankt zu sein, hatte dies vielleicht nur deshalb, weil sich die meisten Menschen im Umfeld schützen. Denn unsere Geschichte als auch aktuelle Vorfälle wie plötzlich auftretende Epidemien (z.B. Masern) beweisen, dass ein gemeinsames Denken beim Impfen sehr wichtig ist. Wer sich gegen das Impfen entscheidet, entscheidet auch für seine Mitmenschen, vor allem für immunschwache Menschen wie Schwangere, Neugeborene und ältere Menschen.

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Den Überblick über Impfungen behalten

Heutzutage gibt es viele verschiedene Impfungen, die ab unterschiedlichem Alter geimpft werden können und empfohlen werden. Um den Überblick zu behalten, empfehle ich immer wieder, einen Impfkalender aufzuhängen – zentral an der Pinnwand, beispielsweise in der Küche oder im Flur, auf die beide Elternteile einen guten Blick haben. Denn auf die Pinnwand schaut ihr vermutlich ohnehin sehr regelmäßig, sodass euer Blick dabei immer einmal kurz zum Impfkalender schweifen kann.

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Eine weitere Möglichkeit ist es, eurem Arzt oder eurer Ärztin regelmäßig euren Impfpass kontrollieren zu lassen und euch bei Bedarf an Impftermine erinnern zu lassen.

Gerade für Kinder werden im ersten Lebensjahr als auch den Folgejahren eine Vielzahl von Impfungen empfohlen. Da ist es nicht immer leicht, alle Termine im Blick zu behalten. Der Impfpass kann natürlich auch zu jeder Vorsorgeuntersuchung mitgenommen und dann vor Ort durchgeschaut werden. Auf diese Weise solltet ihr keinen relevanten Impfzeitpunkt verpassen.

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Bei uns steht übrigens demnächst die erste HPV-Impfung an. Wir lassen diese bei meiner Frauenärztin durchführen. Das ist sozusagen mein erster Besuch dort mit Tochter. Denn auch ein erstes gemeinsames Kennenlernen kann sicher nicht verkehrt sein. Denn wie ihr wisst: Die Zeit rast! Und so wird das Thema „Frauenarzt/Frauenärztin“ irgendwann nichts ganz Neues mehr sein. ;)

Weitere Infos über HPV findet ihr auf der Website www.entschiedengegenkrebs.de.

Und nun bin ich sehr gespannt auf eure Kommentare zu diesem sehr wichtigen Thema!

Wusstet ihr bereits über HPV und möglichen Vorbeugemaßnahmen Bescheid? Gibt es in eurem Umfeld vielleicht sogar jemanden, der durch HP-Viren erkrankt ist?

In diesem Sinne:

Alles Liebe,

eure Mari