Wenn man an Gewalt denkt, kommt einem zunächst körperliche Gewalt in den Sinn. Schläge, Misshandlungen und vieles mehr. Dabei geht Gewalt weit über das Körperliche hinaus. Es gibt so viele Formen von psychischer Gewalt – vor allem gegen Kinder. Es gibt Menschen, die diese Form der Gewalt mehr oder weniger bewusst ausüben, aber auch eine Menge Erwachsene, die vielleicht gar nicht wissen, dass gewisse Handlungen bereits an Gewalt grenzen.

Deshalb möchte ich heute über dieses Thema schreiben und dabei auf einige Formen der seelischen Gewalt aufmerksam machen, die vor allem Kinder betreffen.

 

Lotte

 

„Gewalt“ ist natürlich ein sehr harter Begriff. Das ist mir schon klar. Doch so hart dieses Wort auch klingen mag, umso unscheinbarer sind die meisten Formen der seelischen Gewalt. Ich für meinen Teil definiere Gewalt als etwas Zerstörerisches und Verletztendes. Und etwas Bleibendes.

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Man muss nicht handgreiflich werden, um Kinder zu verletzen.

Es gibt viele Dinge, die Kinder prägen. Dinge, die aus Kinderaugen betrachtet schlimmer sind als aus denen eines Erwachsenen. Kinder können nicht so weit denken wie Erwachsene. Und sie können nicht alles verstehen. Fakt ist, dass sie ihre Eltern lieben und komplett auf sie angewiesen sind. Sie müssen hinnehmen, wie es ist, und haben keine Vergleiche. Sie können auch nicht, so wie wir Erwachsene es gern tun, irgendjemanden anrufen und darüber sprechen. Wenn sie etwas quält oder verletzt, brüten sie das meist ganz allein für sich aus. Je kleiner die Kinder sind, umso schwieriger wird das Ganze.

 

Strand

 

Doch was zählt eigentlich alles zu seelischer Gewalt? Wo fängt seelische Gewalt an?

Für mich sind das zum Beispiel folgende Punkte:

  • ständiges(!) Anschreien und Schimpfen
  • Ausgrenzung
  • Desinteresse am Kind
  • sinnlose Verbote
  • sich über das Kind lustig machen
  • Die Wegnahme liebster Gegenstände
  • Drohungen und Angst machen
  • zu hohe Erwartungen an das Kind
  • deutliches Bevorzugen eines Geschwisterkindes

All da sind nur Beispiele. Es gibt noch viele weitere Formen seelischer Gewalt. Vielleicht sind einiger dieser Punkte auf Anhieb schwer nachvollziehen. Deshalb hilft es, sich die verschiedenen Formen anhand von Beispielen vorzustellen und sich dann selbst in die Lage eines Kindes zu versetzen.

So könnte beispielsweise die Wegnahme eines geliebten Gegenstands als eine Form von seelischer Gewalt arg übertrieben wirken. Aber was, wenn dem Kind tatsächlich die allerliebste Puppe weggenommen wird? Und das jedes Mal, wenn das Kind etwas „Falsches“ tut! Dann grenzt das schon sehr an Gewalt, weil es absolut unnötig ist. Manche Eltern drohen auch damit, geliebte Spielzeuge oder Kuscheltiere wegzuschmeißen, wenn das Kind nicht gehorcht. Das macht Kindern Angst. Genau wie viele andere Dinge auch.

Seelische Gewalt, die von Eltern gegen die eigenen Kinder geht, ist eine besonders verzwickte Konstellation, weil für Kindern genau die Personen, die eigentlich für Schutz, Fürsorge und Vertrauen stehen, diejenigen sind, die diese Gewalt ausüben. Für betroffene Kinder macht es das am schwierigsten.

 

Mari mit Lotte

 

Wir alle wissen, dass niemand perfekt ist. Jeder Mensch macht Fehler. Aber aus genau diesen kann man lernen und es künftig besser machen.

Es gibt viele Situationen, die uns Eltern überfordern. Aber auch viele, die unsere Kinder überfordern. Nehmen wir mal das Beispiel „Trotzanfall“. Für uns Eltern jedes Mal ein Horrorszenario – vor allem in der Öffentlichkeit. Für unsere Kinder ein wichtiger Entwicklungsschritt und ein unangenehmes Konstrukt aus Gefühlen, Gedanken, einem festen Willen und Ängsten. Als Eltern neigt man schnell dazu, noch mehr zu schimpfen, um den kindlichen Wutanfall endlich zu beenden. Oder man schickt das Kind aus dem Raum. Aber oft hilft es wesentlich besser, dem Kind aus diesem Gefühlskonstrukt herauszuhelfen. Denn einmal darin verheddert, fällt es ihnen oft schwer, da wieder herauszukommen.

 

Lotte mit Tom

 

Wisst ihr, was ich mal irgendwo gelesen habe? Das ist schon eine ganze Ecke her, hat mir aber schon in vielen Situationen sehr geholfen. Irgendwo stand mal, dass man Kinder in den Momenten, in denen sie einen so richtig an den Rande der Verzweiflung treiben, einfach umarmen soll. Das kommt natürlich immer auf die Situation an. Ich spreche jetzt vor allem von den Konflikten, bei denen eines zum anderen führt und sich Kind und Eltern immer mehr in eine (sinnlose) Sache hineinsteigern.

Irgendwann wird man als Mutter (oder Vater) innerlich rasend und wirklich sauer und genervt. Doch bevor man dann noch mal lauthals drauf lospoltert, was ohnehin zu nichts führt, … außer dazu, dass Mutter (oder Vater) und Kind sich noch schlechter fühlen, kann man auf das Kind zugehen und sagen: „Das ist doch gerade alles blöd. Wollen wir uns einfach mal in den Arm nehmen und drüber reden.“

Das bewirkt Wunder, ich sag es euch! So eine Umarmung beruhigt sofort. Und zwar beide Seiten.

 

Mari mit Tom

 

Jede Form von Gewalt ist grausam. Darum sollten wir alles geben, damit Kinder ohne Gewalt aufwachsen.

„Unser Alltag ist ihre Kindheit“, heißt es doch so schön. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen.

Alles Liebe,

eure Mari